Das pädagogische Prinzip des Rhythmusalphabetes

Das pädagogische Prinzip des Rhythmus­alphabe­tes ist zugleich ein Hinweis auf ein sonderbares Phänomen. Man pflegt in der Musik har­monisches und melodisches Material zu kategorisieren und zu benennen. Zum Beispiel gibt es Tonleitern, Dreiklänge, Intervalle usw.Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, und der erfahrene Musiker weiß dies auch, dass die Wiederholungen von Tonlängenkombinationen – also rhythmische Phänomene- weit aus öfters vorkommen als im harmonischen und melodischen Material.

Trotzdem oder gerade wegen dieser Selbstverständlichkeit haben sich bis auf die Begriffe „Punktierung“ und „Synkope“ keine Sprachgewohnheiten für diese wiederkehrenden rhythmischen Phänomene – weiterhin rhythmische Bausteine genannt – herausgebildet.

Dieser Mangel von Sprache führt zu dem Ergebnis, dass man sogar im professionellen Bereich, wenn man über Rhythmen spricht, in Notenwerten spricht. Zum Beispiel: „Zwei Achtel, dann eine Viertel“ oder „Deine Viertel war zu kurz“

Dies steht ganz im Gegensatz zum Sprachgebrauch bei melodischem und harmonischem Material. In der musikalischen Ausbildung wird vielmehr sogar angestrebt, dass diese wiederkehrenden Strukturen erkannt und benannt werden können und auch als solche geübt werden, damit das Erlernen, Einüben und Wiedergeben eines Musikstückes erleichtert wird. Das lernpsychologische Stichwort hier ist „Chunking“.

Dieser Sprachgebrauch in rhythmischen Fragen spiegelt sich auch im eigenen Musizieren und im Instrumentalunterricht wieder. Man arbeitet daran, dass eine Note länger oder kürzer gespielt wird. Man denkt eher in einzelnen Notenwerten und nicht in rhythmischen Strukturen.

Aus lernpsychologischer Sicht ein unsäglicher Zustand. Stellen Sie sich vor, sie müssten die Buchstaben eines Textes und nicht seine Worte und Sinn auswendig lernen.

Dieser Begriffsmangel der musiktheoretischen Sprache führt dazu, dass im musikalischen Unterricht die Schüler dazu tendieren, Rhythmus in oben beschriebener, lernpsychologischer mangelhafter Weise zu lernen. Denn der Sprachgebrauch gibt dem Schüler diese mentalen Strukturen vor.

In diese Lücke versucht das Rhythmusalphabet zu stoßen. Der Schüler soll nicht mehr Viertel- und Achtelnoten lernen, sondern die geläufigen Rhythmusmodelle. Dieser Gedanke ist nicht neu. Seine Durchführung wird aber durch mangelndes Lehrmaterial behindert. Der Schüler und der Lehrer bekommt durch das Rhythmusalphabet Material in die Hand, welches das Denken, Arbeiten in rhythmischen Strukturen im Unterricht erleichtert und fördert